PreisWert

So dynamisch sind die Preise im Netz

Feilschen auf dem Wochenmarkt, darin hat sich mancher schon einmal versucht. Welcher Preis am Ende gezahlt wird, hängt von den Menschen ab, die hier verhandeln. Doch wie kommen Online-Preise eigentlich zustande? Bei den großen Web-Shops findet sich kein direkter Verhandlungspartner gegenüber, trotzdem sind die Preise nicht immer und für alle gleich. Mit einer der größten Preisanalysen im deutschen Fernsehen hat WISO versucht zu ermitteln, wie sich Preise online entwickeln. Dafür ließ WISO vom 1. bis 15. Dezember 2015 mehr als 1.700 Online-Shops beobachten und hat deren Preise jede Stunde abgefragt. Die Analyse der mehr als 500.000 erhobenen Werte zeigt: Online-Preise unterliegen starken Schwankungen. Computer beobachten offenbar permanent die Konkurrenz und reagieren auf Preissteigerungen und -reduzierungen. WISO versucht mit Hilfe von vier Beispielen aus der Marktanalyse, einige wiederkehrende Muster bei den Online-Shops zu veranschaulichen:

Ein heißes Ding: ganz kurz mal 30 Prozent Rabatt

Es ist zwar nur ein Pizzaofen, aber die Preis-Rallye ist wahrlich heiß. Für vier Tage wird ein gnadenloser Preiskampf ausgefochten, den am Ende nur ein Anbieter übersteht.

Pizzaofen-Ultratec

Fahren Sie mit dem Zeiger über die einzelnen Shop-Linien und sehen Sie den Preis zum ausgewählten Zeitpunkt.

Bis zum 9. Dezember 2015 hatte „Amazon“ die Preishoheit über den Pizzaofen (blaue Linie). Am 10. Dezember kam mit „2Wheelshop“ ein weiterer Anbieter (rote Linie) hinzu und verlangte den gleichen Preis. Darauf reagierte der Preisserver von „Amazon“ offenbar sofort und senkte den Verkaufspreis. Am 11. Dezember kommt mit „prokira“ ein weiterer Anbieter (gelbe Linie) ins Spiel, der für dasselbe Produkt einfach mal 3 Euro unter dem Amazon-Preis bleibt. Dem „Amazon“-Preisserver ist dieses Angebot wohl zu niedrig, und er fängt in unregelmäßigen Abständen an, den Preis heraufzusetzen – vermutlich in der Absicht, auch den Konkurrenten zu einem höheren Preis zu verleiten. Das klappt aber nicht. Am 13. Dezember verschwindet das Angebot von „prokira“. Vermutlich ein Restposten, der abverkauft wurde. Und wie reagiert der „Amazon“-Preisserver am 14. Dezember? Ohne den Konkurrenzdruck springt er einfach wieder auf den ursprünglichen Preis zurück als wäre nichts gewesen.

Wohl dem, der genau zwischen dem 11. und 14. Dezember Appetit auf selbst gemacht Pizza hatte: Die Ersparnis gegenüber dem Normalpreis hätte bei einem Kauf in dieser Zeit satte 31 Prozent betragen. Statt 79,90 Euro gab es den Pizzaofen für 55 Euro.

Tipp: Gerade bei nicht sofort benötigten Anschaffungen die Preisentwicklung beobachten. Am besten die Preise auch zu unterschiedlichen Tageszeiten abrufen. Vielleicht erwischt man so den richtigen Moment.

Bilderrahmen mit Zickzack-Preisen

Nein, das ist nicht die Aufzeichnung eines Erdbebens irgendwo in fernen Landen, so sieht die Preisanalyse für einen digitalen Bilderrahmen aus. Ein Zickzack-Verlauf, der seinesgleichen sucht.

Digitaler Bilderrahmen Intenso

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Das Preisgeflecht zeigt, wie stark manche Webshops die Preise verändern. Während der teuerste und der günstigste Anbieter durchgehend stabil bleiben, findet im mittleren Preissegment ein permanenter Kampf um den richtigen Preis statt. Der Anbieter „rohling-express“ (stark schwankende graue Linie) wechselt alle zwei Stunden von günstig auf teuer und umgekehrt. Die anderen Webshops reagieren darauf ab dem 7. Dezember und passen ihre Preise mal nach unten mal nach oben an. Die starken Preisschwankungen der grünen Linie bleiben zwar. Insgesamt aber vergünstigt sich der digitale Bilderrahmen durch den Preiskampf mehrerer Anbieter.

Für diesen permanenten Zickzack-Kurs des Anbieters „rohling-express“ gibt es zwei mögliche Erklärungen: Entweder versucht der Preis-Server des Shops auszuloten, ob die Konkurrenz auf den Preiswechsel reagiert und mitzieht. Damit könnte der „Vorreiter“ auch den Preis der Mitbewerber stark beeinflussen. Oder aber die häufig wechselnden Preise sollen Preissuchmaschinen beeindrucken, die für Kunden in mehreren Webshops den besten Preis ermitteln. Solche Suchmaschinen setzen nämlich Anbieter, die den Preis gerade eben gesenkt haben, bei identischen Angeboten oftmals im Ranking nach oben. Denn viele Preissuchmaschinen schauen nur auf die Preissenkungen, aber nicht darauf, ob der Preis vielleicht erst kurz zuvor erhöht wurde, um ihn danach wieder senken zu können. Mit diesem Trick können Webshops daher in Preissuchmaschinen eine besonders gute Platzierung bekommen.

Tipp: Vorsicht vor Webshops, die im Laufe des Tages zu häufig den Preis wechseln. Meist gibt es einen günstigeren Anbieter für das Produkt, der diese Preiswechsel auslöst. Und Achtung bei der Nutzung von Vergleichsportalen. Die fallen gerne mal auf solche Anbieter herein die ihr Produkt erst künstlich verteuern, um es dann auf den ursprünglichen oder vielleicht sogar einen etwas teureren Preis zurück zu setzen.

Ein Preisverlauf, der sich gewaschen hat

Wie groß die Preisunterschiede für Wachmaschinen im Internet sind, mag man als Gelegenheitskäufer kaum glauben. Zwischen 429 und 774 Euro für das gleiche Gerät. Das sind 45 Prozent Preisunterschied - nur einen Mausklick entfernt.

Waschmaschine Siemens

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Auch hier kommt es auf das richtige Timing an. Dass „Saturn“ und „Amazon“ ihre Preise ab dem 9. Dezember drastisch senken, wirkt dabei fast abgesprochen. Allerdings lässt der Kurvenverlauf vermuten, dass auch hier wieder Computer auf Computer reagiert haben. „Amazon“ (gelbe Linie) beginnt gegen Mittag am 9. Dezember mit der Preissenkung. Der Preisserver von „Redcoon“ (rote Linie) reagiert offenbar sofort und geht 5 Euro unter den Amazon-Preis. Allerdings hält „Redcoon“ diesen Preis nur einen Tag durch. Dafür springt fast zur gleichen Zeit „Saturn“ auf den Preiszug mit auf und unterbietet den „Amazon“ um 5 Euro wie zuvor „Redcoon“.

Ganz am Ende unseres Beobachtungszeitraums, Mitte des 14. Dezembers, geht „Amazon“ dann wohl die Luft aus. Der Preisserver springt im Zickzack auf und ab und schafft es dadurch offenbar den Saturn-Computer zu überlisten. Der geht anscheinend von ansteigenden Preisen aus und springt wieder auf das gleiche Niveau wie vor dem Preiskampf.

Tipp: Bei solch großen Anschaffungen wie einer Waschmaschine, kann es sich lohnen, den Markt eine Weile zu beobachten. Wenn sich zwei Anbieter einen Preiskampf liefern lässt sich das gut daran erkennen, dass der Preis insgesamt sinkt, der Preisunterschied zwischen zwei Webshops aber gleich bleibt. Dann empfiehlt es sich meist, sofort zuzuschlagen.

Ein optimaler Zeitpunkt für den Uhrenkauf

Dass im Internet ein gnadenloser Wettkampf um den günstigen Preis herrscht, können Kunden immer wieder beobachten. Mit welch harten Bandagen aber zum Teil gekämpft wird, überrascht auch Experten. In diesem Fall zeigt sich das an einer sehr teuren Armbanduhr. Allerdings ist die Uhr nur teuer bis zu dem Moment, in dem „Amazon“ sie auch anbietet, und das eben zu einem deutlich günstigeren Preis – möglicherweise, um so in diesem Markt Fuß zu fassen.

Herren-Armbanduhr Lindberg&Sons in Uhren & Schmuck

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Ab dem 4. Dezember wird die Uhr zum ersten Mal von „Amazon“ angeboten. Für knapp 52 Euro. Die beiden anderen Anbieter verkaufen die Uhr für 382 Euro bzw. 402 Euro. Also über 700 Prozent teurer. Das Besondere daran ist: Die beiden Konkurrenzanbieter verkaufen die Uhren über den Amazon-Marketplace. Denn: Der Internet-Riese verkauft ja nicht nur eigene Produkte, sondern ist auch Marktplatz für andere Anbieter, die dann Verkaufsprovisionen an „Amazon“ zahlen.

Auffällig dabei ist auch: „Amazon“ bietet die Uhr nicht durchgehend an. Mögliche Erklärungen dafür könnten sein: Entweder ging dem Unternehmen zwischenzeitlich der Bestand aus oder der Preisserver wollte die Reaktion der Konkurrenz testen. In jedem Fall konnte der Internet-Kunde hier ein fast schon unglaubliches Schnäppchen ergattern, aber nur wenn er zur richtigen Zeit im richtigen Shop war.

Tipp: Hier kann man leider nur feststellen: Manchmal hat der Einkauf im Internet auch nur etwas mit Glück zu tun. Dass irgendwann ein Anbieter auftaucht, der das gleiche Produkt mit fast 90 Prozent Ersparnis anbietet – damit kann man einfach nicht rechnen.